Frauen sind heute viel besser ausgebildet als früher, der Frauenanteil bei den Abiturienten (Maturanten) hat sich drastisch erhöht, es gibt mehr Frauen in den Chefetagen als noch vor zehn Jahren. Dieses berufliche Engagement hat aber auch eine Kehrseite: Frauen denken heutzutage erst viel später über Kinder und Familienplanung nach – und dann kann es manchmal schon zu spät sein…
Geburtenrate: rückläufig
In der Schweiz, in Deutschland, Italien und vielen anderen europäischen Ländern ist die Zahl der Geburten rückläufig. Vater Staat bemüht sich, den Trend umzukehren – doch Kindergeld, Kita-Ausbau, Vätermonate, Betreuungsgeld und andere staatlich unterstützte Maßnahmen scheinen wirkungslos zu verpuffen.
Auch die Medien haben das Thema des Geburtenrückgangs (wieder) für sich entdeckt und bringen in monotoner Regelmäßigkeit ernüchternde Schlagzeilen: „Deutschland als Schlusslicht der europäischen Geburtenrate“, „Keine Lust auf Kinder“, „Kinderkriegen so unattraktiv wie nie“. Diverse Studien versuchen, Erklärungen für diesen „Trend“ zu liefern und orten diese in mangelnder Kinderfreundlichkeit, Angst der Frauen, in längst überholte Rollenmuster zu verfallen bzw. gesteckt zu werden und dem übermächtigen Problem, als Frau Kind und Karriere unter einen Hut zu kriegen.
Gründe: vielfältig
Die Gründe für die selbst gewählte Kinderlosigkeit oder den schlicht nicht vorhandenen Kinderwunsch mögen vielfältig und von Frau zu Frau verschieden sein. Auf den Punkt gebracht scheinen jedoch zwei Argumente die entscheidenden zu sein: Der richtige Partner ist (noch) nicht gefunden und/oder der Beruf stellt den Lebensmittelpunkt dar.
Zum Thema der richtigen Partnerwahl können Sie in Kürze einen separaten Blogbeitrag lesen, denn hierzu gibt es sehr viel zu berichten. Was die Sache mit Beruf und Karriere betrifft sticht hervor, dass die Geburtenrate bei beruflich sehr engagierten Frauen im Vergleich zu allen anderen „Frauengruppen“ am niedrigsten ausfällt – vor allem bei Akademikerinnen. Warum ist das so?
(Aus)Bildungsgrad: gestiegen
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts beendeten Frauen ihre Ausbildung – wenn sie denn überhaupt in den Genuss einer solchen kamen – spätestens mit Anfang Zwanzig, die Familienplanung war meist bis Mitte Zwanzig abgeschlossen. In der heutigen Zeit hingegen liegt das Durchschnittsalter bei Erstgebärenden bereits bei über 30!
Einer der Gründe für diesen Umstand ist der höhere (Aus)Bildungsgrad, den Frauen heutzutage innehaben. Lag der Frauenanteil bei den Schulabsolventen mit Hochschulreife um 1960 noch bei etwa nur 30 Prozent, so ist erfreulicherweise der Anteil an weiblichen Abiturienten/Maturanten in der gegenwärtigen Zeit auf fast 60 Prozent gestiegen. Frauen haben Männer also inzwischen nicht nur eingeholt, sondern sogar überholt. Angesichts dieser Entwicklung haben einige das 21. Jahrhundert bereits zu jenem der Frauen ausgerufen.
Lebensmittelpunkt: Beruf
Dieser höhere Bildungsgrad bringt aber leider auch einen entscheidenden Nachteil mit sich: Bedingt durch weitaus längere Ausbildungszeiten verschiebt sich die (weitere) Lebensplanung zwangsläufig nach hinten – und damit automatisch auch der Zeitpunkt, Nachwuchs zu bekommen.
Bei Männern gestaltet sich die Sache halbwegs flexibel – sie sind schließlich auch noch im hohen Alter zeugungsfähig. Bei Frauen hingegen kollidiert die berühmt berüchtigte „biologische Uhr“ mit der „Rush Hour des Lebens“ – jener Lebensphase, die vom Abschluss der Ausbildung über Berufseinstieg und -aufstieg bis hin zur Gründung einer Familie reicht.
Laut dem Familienbericht der Bundesregierung ist der Druck während dieser Zeit speziell in Deutschland besonders ausgeprägt, „weil das deutsche Ausbildungssystem, insbesondere in den akademischen Berufen, anders als die Systeme in anderen Ländern, bisher (noch) keine Stufungen kennt, sondern grundsätzlich das höchste erreichte Ausbildungsniveau die Zugänge zum Berufssystem definiert“. Insbesondere Akademikerinnen bleibt dadurch nur eine begrenzte Zeitspanne für andere wichtige Lebensentscheidungen – wie etwa das Kinderkriegen – zur Verfügung.
Richtiger Zeitpunkt: später
Ich kenne viele Frauen im akademischen Umfeld die gerne Kinder bekommen würden, letztendlich aber genau deshalb davor zurückschrecken: Kinderkriegen während des Studiums ist sowohl lern- und prüfungstechnisch als auch finanziell denkbar ungeeignet. Die Zeit der Promotion ist oft mit 50 bis 60 Arbeitsstunden pro Woche verbunden – in Anbetracht dessen, dass die von der Politik versprochenen Betreuungssysteme meilenweit von der Realität entfernt sind, wohl kaum der richtige Zeitpunkt. Soll man dann, wenn man gerade in den Beruf einsteigt und versucht, Fuß zu fassen, riskieren, gleich wieder den Anschluss zu verlieren? Fast scheint es, als gäbe es für die Familienplanung nur einen günstigen Zeitpunkt: später.
Risiken: erhöht
Haben sich berufliches Umfeld und Partnerschaft schlussendlich gefestigt, ist meist bereits das 40. Lebensjahr in greifbare Nähe gerückt. Die Aussichten auf eigenen Nachwuchs hingegen entfernen sich leider immer weiter Richtung Nirwana – mit etwa dem 38. Lebensjahr sinken die Chancen, schwanger zu werden und ein gesundes Kind zu gebären, rapide. Dafür steigen andererseits die Risiken für Aborte (Fehlgeburten) und chromosomale Veränderungen beim Kind, wie etwa Trisomie 21. Auslöser für diese Gefahren ist eine altersbedingte Abnahme der Eizellqualität. Abgesehen davon nehmen auch Menge und Qualität der verbleibenden Eizellen mit der Anzahl der Lebensjahre dramatisch ab.
Lösung: Eizellen einfrieren
Wäre es nicht wünschenswert, die Zeit der Fruchtbarkeit und Fortpflanzung anhalten zu können, während sich parallel dazu Karriere und Partnerschaft entwickeln? Seit einiger Zeit ist dieser Wunschgedanke tatsächlich realisierbar – mittels „Social Freezing“! Dabei werden Eizellen für eine spätere Befruchtung eingefroren. Zuerst erfolgt durch eine gezielte Hormonbehandlung eine Stimulation der Eierstöcke, um mehrere Follikel (Eibläschen) heranwachsen zu lassen. Mittels Follikelpunktion werden anschließend Eizellen entnommen, vitrifiziert und bei -190 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff gelagert. Zu einem späteren Zeitpunkt können die Eizellen unbeschadet wieder aufgetaut und für eine IVF Behandlung verwendet werden.
Leider wird die Technik des Einfrierens von Eizellen gegenwärtig vielfach pauschal – und in den seltensten Fällen auf rein sachlicher Ebene – kritisiert und (teilweise) in den Medien als Horrorszenarium dargestellt. Frauen oder Paare, die diese Technik in Erwägung ziehen, sollten sich dadurch nicht verunsichern oder gar abschrecken lassen: Dank modernster Einfriertechniken, wie etwa der Vitrifikation, ist es heutzutage problemlos möglich, Eizellen zu konservieren. Damit kann eine gewünschte Schwangerschaft und die Geburt des Wunschkindes auf einen späteren, geeigneteren Lebensabschnitt verschoben werden. Fakt ist, je früher man (bzw. frau) sich zu diesem Schritt entschließt, desto besser – am idealsten ist es, Eizellen vor dem 35. Lebensjahr entnehmen und einfrieren zu lassen.
Einwände: entkräftet
Natürlich lässt sich argumentieren, dass hier ein Eingriff in die natürlichen Vorgänge erfolgt. Die häufig angeführte Argumentation, Social Freezing fördere einen Trend zur nicht-natürlichen Fortpflanzung, verdreht jedoch Ursache und Wirkung! Außerdem vermögen diejenigen, die „Social Freezing“ kritisieren, keine Lösung aus dem gegenwärtigen Dilemma aufzuzeigen.
Auch der Einwand, Kind und/oder Mutter würden unter einer späten Mutterschaft „leiden“, ist widerlegt – neueren Studien zufolge haben Kinder älterer Mütter in den ersten fünf Lebensjahren weniger Unfälle und ihr Impfstatus ist oft besser. Des Weiteren entwickeln sich Sprache und Gewicht von Kindern älterer Mütter günstiger als von Kindern jüngerer Mütter – soll heißen: mit steigendem Alter der Mutter scheint die Entwicklung der Kinder „besser“ zu verlaufen. Überdies sind Spätgebärende meist fitter als gleichaltrige Kolleginnen, die in jüngeren Jahren geboren haben – der Einwand des „Leidens“ ist also nichts weiter als ein Scheinargument.
Einbußen: keine
Für viele Frauen wird „Social Freezing“ auf absehbare Zeit die einzige Chance sein, ihren Kinderwunsch zu verwirklichen – und zwar ohne Einbußen bei Beruf und Karriere erleiden zu müssen. Insgesamt scheinen Frauen, die Kinder haben, länger und glücklicher zu leben und seltener psychisch zu erkranken – ein wesentlicher Nutzen für die Allgemeinheit. Ein wertvolleres Argument für „Social Freezing“ lässt sich wohl kaum finden…
Links:
» Social Freezing / Medical Freezing – Eizellen vorsorglich einfrieren
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